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Geistliches Leben in
Klausdorf - Ein geschichtlicher Rückblick von den Anfängen bis
2001
Geistliches Leben in Klausdorf gab es lange, bevor wir am 8.3.1962
eine selbständige Kirchengemeinde wurden und 1963 auch eine eigene
Kirche bekamen. Vorher gehörten wir zu Elmschenhagen (3/4 bis 1
Stunde Fußweg). Die Familien Bartsch und Schnack hatten nämlich
(höchstwahrscheinlich) schon vor der Jahrhundertwende ihre Häuser
geöffnet, damit jung und alt das Wort Gottes im eigenen Dorf hören
konnten. Da gab es zunächst die Bibelstunde, die wöchentlich im
Wohnzimmer beider Familien abwechselnd stattfand. Der Prediger oder
ein Laienprediger der "Gemeinschaft in der Landeskirche"
(Dammstraße, nach der Ausbombung Koldingstraße) in Kiel kamen jeden
Freitag per Fahrrad oder ab der Straßenbahn-Endstation Wellingdorf
zu Fuß und legten einen Bibelabschnitt aus. Gesungen wurde aus dem
"Reichslieder"-Buch, und der gemischte Chor trug in jeder
Bibelstunde zwei zum Text passende Lieder vor. Die Bibelstunde
erfuhr starke Belebung im Jahre 1923, als in Kiel in der alten
Messehalle - dort, wo jetzt die Hauptpost steht - eine mehrtägige
Evangelisation stattfand, die auch Klausdorfer besuchten. Von diesen
entschlossen sich manche, Jesus in ihr Leben aufzunehmen und bewusst
nach Gottes Geboten zu leben. Wer selbst von Jesus ergriffen ist,
möchte dieses Glück auch anderen gönnen; er ist ja seine Schuld los.
So gab es eine Blättermission. Das Blatt "Nimm und lies" mit
christlichem Inhalt, das heute "Aufwärts" heißt, wurde in die Häuser
gebracht. Außerdem fand in jedem Sommer an einem Sonntagnachmittag
ein Missionsfest statt auf Schnacks festlich geschmückter großer
Diele oder im schattigen Obstgarten, auch in der "Doppeleiche"
(hinter dem Kriegerdenkmal) oder mal im Saal bei Thoms (jetzt
"Klausdorfer Hof") . Posaunenmusik schallte durchs Dorf,
Gastprediger oder ein Missionar verkündigten das Wort Gottes, Chöre
luden durch ihre Lieder zur Nachfolge Jesu ein. Besonders gern
gehört wurde der Männerchor des Gaardener Jugendbundes, den Herr
Barsch leitete. Es war immer ein Erlebnis, wenn er sang. Viele
Menschen waren herbeigeströmt, auch sehr viele aus den Kieler
Gemeinden "mit Kind und Kegel". Deshalb gab es beim Missionsfest
stets eine Kaffeetafel mit "Platenkuchen" und milchkannenweise Saft
eigener Herstellung und Buttermilch. In Klausdorf hatte man auch ein
Herz für die Heidenmission. So kamen die Frauen zum "Missionsnähen"
zusammen, wo Handarbeiten für die Missionsverlosung gemacht wurden,
die am "Teeabend" bei Kuchen und Tee, Wortverkündigung, Gedichten
und Chorliedern durchgeführt wurde. Dem Missionsnähen und der
Blättermission setzte der 2. Weltkrieg durch Mangel an Material,
Papier und Menschen (Kinderlandverschickung mit Müttern) ein Ende.
Der bereits erwähnte gemischte Chor wurde 1925 gegründet und von
Herrn Karl Hartz aus der Schwentinestraße geleitet, später von Herrn
Hinrich Bartsch. Als letzterer in den Krieg musste, übernahm Frau
Bartsch den Chor, der dann nur noch Frauenchor war. Frau Bartsch
schrieb die Noten, die wir brauchten, von 4- auf 3-stimmig um, so
dass der Chor auch in Kriegszeiten weitersingen konnte. Noten gab es
im Krieg eben nicht zu kaufen. Das Chorüben fand immer bei Familie
Barsch statt. Zu Nazizeiten musste sich der Chor der
"Reichsmusikkammer" anschließen und tat dies, indem er Mitglied im
Christlichen Sängerbung wurde. Er hat auf Transport dorthin sorgte
jedes Mal Herr Peters aus der Gaardener Gemeinschaft mit seinem LKW,
mit dem er sonst Kohlköpfe zu Wochenmarkt fuhr und den er für den
Chor mit Bänken ausstattete. Das gab immer fröhliche Fahrten! Im
Winter konnten sich die Klausdorfer Kinder in Schnacks mollig
geheiztem Kinderzimmer versammeln, im Sommer im kleinen Flur. Man
kam im Winter gern zu früh und besah sich im Stall die vielen Heu
fressenden Kühe, deren Namen mit Kreide auf dem Balken über ihren
Häuptern geschrieben stand, die Schweine mit rosigen Ferkeln und die
Katzen auf den Schweinebuchten oder man spielte im Stroh, bis
entweder "die Großen" oder "die Kleinen" Sonntagsschule hatten. Da
wurde dann mit einem Lied und Gebet begonnen, der Bibelmerkspruch
und die biblische Geschichte aus dem Alten oder Neuen Testament
spannend erzählt, besprochen und auf das tägliche Leben bezogen. So
bekamen die Kinder eine gute Grundlage für ihr Leben mit: Bescheid
wissen im Wort und in den Geboten Gottes und erklärt bekommen in
Beispiel-Geschichten. In Not und Tod des Lebens und des Krieges wird
das manchem Kind von damals Ruhe und Geborgenheit gegeben haben. Die
Kinder brachten zur Sonntagsschule auch gern einen Groschen für den
"Neger" mit - einen Negerkopf auf einem Kasten. Wenn man das
Geldstück in einen Schlitz warf, nickte der Neger so schön zum Dank.
Und singen gelernt haben Klausdorfs Sonntagsschulkinder! "Gott ist
die Liebe", "Weil ich Jesu Schäflein bin", "Komm zu dem Heiland",
"Die Sonntagsschul ist unsre Lust" und viele Lieder mehr, dazu auch
Kanon-Singen. Ein Fest war jedes Mal die
Sonntagsschul-Weihnachtsfeier in Schnacks ausgeräumten zwei Stuben,
zwischen denen die breite Verbindungstür geöffnet wurde. In den
weihnachtlich geschmückten Räumen saßen an die 40 Kinder viele
Erwachsene dicht gedrängt auf Bänken und Stühlen. "Fröhlich
Weihnacht überall" und manches schöne Weihnachtslied erklang, der
Gemeinschaftsprediger aus Kiel hielt eine kindgemäße Predigt, und
fast jedes Kind trug ein Gedicht vor. Über die ganz Kleinen freute
man sich am meisten. Den Höhepunkt jedoch bildete der
Weihnachtsmann, der plötzlich laut an die Tür klopfte und zugleich
Schrecken und Freude verbreitete. Eigenartigerweise wusste er über
jedes Kind Bescheid, wollte hier und da ein Gedicht hören und hatte
in seinem großen Sack Geschenke: eine Sammeltasse, einen Essteller
mit Aufdruck "Sonntagsschule Klausdorf" mit Jahreszahl. Einmal sogar
hatte Frau Bartsch für jedes Kind das passende Hemd genäht, 40
Stück! In der schweren Zeit der zwanziger und Anfang der dreißiger
Jahre waren das willkommene Dinge! Dann wurden auch noch einige
Wannen hereingebracht mit Tüten, gefüllt mit selbstgebackenen
Plätzchen, roten Äpfeln vom "Sonntagsschulbaum", mit Apfelsinen und
Nüssen. Zum Schlusslied und Dankgebet herrschte dann
verständlicherweise kaum noch Andacht; denn der Tüteninhalt musste
schon probiert werden. Treue Menschen haben hinter der
Sonntagsschularbeit gestanden und auch die finanzielle Seite möglich
gemacht - wie ebenfalls für das fröhliche Sonntagsschul-Sommerfest.
Ebenso treu waren die Sonntagsschullehrer da - jeden Sonntag, wie
ich sie erlebt habe: Herr Klempnermeister Hartz, Herr
Stellmachermeister Bartsch und ab 1927 Frau Bartsch, die die
"Kleinsten" übernahm - alle drei mit großem pädagogischen Geschick
und viel Liebe zu den Kindern. Frau Bartsch hat 57 Jahre lang in
dieser ehrenamtlichen Kinderarbeit gestanden. Sie leitete später
auch noch den Kinderkreis und den Kinderchor. Eine Unterbrechung
erfuhr diese ganze Arbeit, als 1943 eines Mittags Bartsch's und
Schnack's Reetdachhäuser durch Brandbomben vernichtet wurden. Aber
nach dem Kriege ging es in den inzwischen errichteten Baracken
weiter. Da verstärkten viele Flüchtlinge, die in Klausdorf Heimat
gefunden hatten, die Reihen. Nach dem Krieg auch hielt einer der
beiden Elmschenhagener Pastoren alle 4 Wochen einen Gottesdienst in
der Schulbaracke auf dem Sportplatz, später im neu errichteten
Schulgebäude. Man saß auf Schulbänken, Herr Bartsch spielte
Harmonium und sang mit seiner schönen und kräftigen Baritonstimme
die Liturgie. Im Jahre 1950 setzte der Kieler Propst Hans Asmussen
den im Hause Schnack aufgewachsenen Pastor Willi Schnack, vormals
Missionar in Abessinien, in Klausdorf ein. Er gründete einen
Kirchbauverein, schied aber wegen Krankheit bald wieder aus. 1961
kam dann Herr Pastor Friese nach Klausdorf. Die Kirche wurde auf dem
Grundstück der ausgebombten alten Schule gebaut und am 15.Dezember
1963 eingeweiht. Jetzt wechselte die Bibelstunde in die kirchlichen
Räume über, ebenso die Sonntagsschule, die seitdem
Kindergottesdienst heißt. Der Chor ist nun der Kirchenchor. Im Jahre
1948 hatte Herr Pastor Schwarz aus Elmschenhagen die Evangelische
Frauenhilfe gegründet, die heute noch besteht und sich z.Zt. für die
Mission in Tansania an den Massai einsetzt. 1981 kam Herr Pastor
Warnke nach Klausdorf. An seiner Seite arbeiteten nacheinander Herr
Pastor Grimm, Frau Pastorin Pieper (seit 1987), Herr Pastor Dagge
und Frau Pastorin Mallek (seit 1999). Nach dem Weggang von Herrn
Pastor Warnke im Sommer 2001 haben wir mit Frau Pastorin Mallek und
Herrn Pastor Suhr, der im Dezember 2001 zu uns kam, zwei halbe
Pfarrstellen künftig besetzt. Verschiedene Kreise für jung und alt
bereichern auch jetzt das Gemeindeleben. Wie es früher war, so ist
es auch heute: Jedermann ist herzlich eingeladen, am Gemeindeleben
der Philippuskirche in Klausdorf teilzuhaben!
Erna Schleth